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Leseprobe Kränkungen am Arbeitsplatz

Kränkungen am Arbeitsplatz

LESEPROBE | > Stellen Sie sich vor, Sie haben sich viel Mühe bei der Ausführung einer Arbeit gegeben und diese wird dann von Kollegen oder dem Chef verrissen. Im ersten Moment erschrecken Sie möglicherweise und können kaum glauben, was Sie gerade hören. Sie sind wie gelähmt, schockiert und parieren nicht schlagfertig. Stattdessen spüren Sie die tiefe Enttäuschung, aber auch die Wut über die Ablehnung. Vielleicht schämen Sie sich, dass Sie so ein Versager, so eine Versagerin sind, trauen sich nicht mehr, den anderen in die Augen zu schauen. Innerlich werden Sie trotzig nach dem Motto: „Dann macht doch euren Kram alleine. Ohne mich!“ Sie wollen alles hinschmeißen, am liebsten gleich kündigen, die anderen sitzen lassen. Ihre Rachephantasien kennen keine Grenzen. Sie fangen an, die anderen zu verachten, weil die eh keine Ahnung haben und gar nicht verstehen, wie viel Mühe Sie sich gemacht haben. Diese und viele andere Kränkungssituationen begegnen uns immer wieder im Arbeitsleben. Wie reagieren Sie, wenn Sie sich gekränkt fühlen? Schlagen Sie eher um sich oder ziehen Sie sich deprimiert zurück? Wie geht das System, in dem Sie arbeiten, also Ihre Firma, Ihre Arbeitsgruppe oder Ihr Team mit einem Kränkungskonflikt um? Wird er unter den Teppich gekehrt oder gelöst? Werden Sie unterstützt oder fallen gelassen? All diese Fragen berühren Menschen in ihrem Arbeitsalltag. Denn Kränkungen geschehen nicht nur in privaten Beziehungen, sondern auch und für manche sogar vorwiegend am Arbeitsplatz. Kränkungen in der Arbeitswelt sind jedoch nicht nur ein persönliches Problem, sondern beeinflussen darüber hinaus die Qualität der Arbeit. Sie können die Zusammenarbeit stören, das Leistungsniveau mindern und sogar Arbeitsgruppen sprengen. Auch wenn Kränkungen immer nur persönlich erlebt werden, darf man die Tragweite ihrer Wirkung auf die Arbeitssituation nicht unterschätzen. Denn wenn Kränkungsgefühle unkontrolliert ausagiert werden, müssen wir damit rechnen, dass sie großen Schaden anrichten können, der manchmal sogar nicht wieder gut zu machen ist. Aber nicht nur das. Durch schwelende oder aktuelle Kränkungskonflikte im Beruf, sind nicht nur Arbeitsplätze gefährdet, sondern es stehen darüber hinaus die Zusammenarbeit und die Qualität der Arbeit ebenso auf dem Spiel wie der Erhalt der Arbeitsgruppe, möglicherweise sogar der Institution als Ganzes. Leidet beispielsweise der Vorgesetzte unter der größeren Kompetenz eines Mitarbeiters und lässt dieser ihn noch dazu seine Überlegenheit spüren, dann verarbeitet er diese Tatsache womöglich als persönliche Entwertung, die in der Folge seine Führungsfunktion beeinträchtigen kann. Entweder wird er sich beschämt zurücknehmen und das Feld diesem Mitarbeiter überlassen, also seine Führungsaufgaben indirekt abgeben, oder er wird aus einem Minderwertigkeitsgefühl heraus die Zügel zu stark anziehen und autoritär signalisieren, wer „hier der Chef ist“. Wenn er daraufhin seine Mitarbeiter verstärkt kontrolliert oder ihnen sogar Kompetenzen oder Entscheidungsspielräume entzieht, kann sie das verletzen und die Stimmung in der Abteilung verschlechtern. Beide Reaktionsweisen des Chefs haben auf das Arbeitsklima ebenso Einfluss wie auf die Motivation der Angestellten und ihren leistungsmäßigen Output.<

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DTV Verlag  |  EUR 8,90  |  ISBN 978-3-423-34710-5

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